Sonntagsfrage: Wann warst du feige, obwohl du etwas hättest tun müssen?

Als junge Frau war ich ausgesprochen mutig. Ich bin zwischen Schlägereien gegangen, habe geschlichtet ohne über die etwaigen Folgen nachzudenken. Einer unserer Nachbarn schlug seine Freundin. In späteren Jahren bin ich nicht wieder in solche Situationen gekommen und ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, ob ich heute noch eingreifen oder das lieber anderen überlassen würde.

Trotzdem hat es im letzten Jahr eine Situation gegeben, über die ich immer wieder nachdenke. Beim letzten Krankenhausaufenthalt meines Mannes hatte er sich eine Lungenentzündung eingefangen und die Ärzte haben ihn trotzdem nach 3 Tagen der Chemotherapie unterzogen. Hätte ich hier eingreifen, mich wehren, es verbieten sollen. Ich weiß es nicht!

Wie sieht es bei euch aus? Erinnert ihr euch an eine Situation, in der ihr hättet handeln müssen und es nicht getan habt? Nur zu, erzählt uns davon, denn wir alle sind nur Menschen.

2 Kommentare

  • Sonja Schiff

    Ich bin kürzlich an einem Bahnhof dazu gekommen, wie ein Deutscher und ein afghanischer Asylwerber angefangen haben sich zu prügeln. Hab aus vollem Hals geschrien und als niemand etwas getan hat (es waren dort viele, viele Menschen) bin ich zu den Streitenden gelaufen und hab denen mein Plastiksackerl, in dem zwei Lederjacken waren, um die Ohren gehauen bis die voneinander gelassen haben. Mehrmals habe ich mir dabei gedacht, hoffentlich geht das für mich gut aus und danach hab ich eine Stunde lang gezittert. Aber ich konnte nicht anders.

    Courage hat mir gefehlt als meine Oma dement wurde. Als ich hörte, dass sie niemanden mehr erkennt, habe ich sie 6 Monate nicht besucht. Ich konnte nicht. Und das obwohl ich Altenpflegerin bin. Aber bei meiner Oma war ich einfach nur Enkelkind und die Vorstellung, dass sie nicht mehr weiß, wer ich bin, hat meine Seele nicht ertragen. Ich hab mich sooo geschämt dafür. Als ich es dann endlich schaffte sie zu besuchen, dachte sie, ich wäre meine Mutter und weinte, weil ihre Enkelin Sonja nicht gekommen wäre. Werde ich nie vergessen. Hab Rotz und Wasser geweint.

    • Karin Austmeyer

      Erst einmal alle Achtung für deinen Mut.
      Als ich 8 Jahre alt war, bekam meine Lieblingsoma einen Hirnschlag. Sie hat damit noch 3 Wochen gelebt. Auch sie hat immer weniger Menschen erkannt, aber mich komischweise bis zum Schluß. Ich kann gut verstehen, wie weh das deiner Seele getan hat. Trotzdem war es gut für dich, dass du zum Schluß noch bei ihr warst, auch wenn sie dich nicht erkannt hat.

Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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