Gesucht wird: Respekt und Rücksichtnahme

Während ich mit zunehmendem Alter immer tiefenentspannter werde, spielt die Welt um mich herum verrückt und ich frage mich: Was passiert da mit uns?

Wenn ich durch die Innenstadt bummele, werde ich geschubst, gestossen und fast umgerannt. Menschen drängeln sich vor oder laufen mit gesenktem, auf ihr Handy gerichtetem Kopf, in mich hinein.

Niemand ist mehr höflich, hält die Tür auf oder bietet Hilfe an. Ich bin in solchen Situationen froh, noch relativ gut auf meinen zwei Beinen stehen zu können um das Gleichgewicht zu halten. Irgendwie kommen mir alle Menschen wie aufgedreht vor. Sie hetzen durch die Gegend und beschimpfen andere, die nicht so funktionieren, wie sie es gerne hätten. Von gegenseitiger Rücksichtnahme fehlt leider jede Spur. Mir scheinen alle Hemmschwellen verschwunden zu sein. Respekt gegenüber unseren Mitmenschen spielt scheinbar keine Rolle mehr.

Die meisten sind entsetzt über die Brutalität der IS und der Terroristen und über die Härte, mit der Kriege geführt werden. Dabei führen wir sowohl in der medialen, als auch in der realen Welt selbst unsere kleinen Kriege mit ähnlicher Rücksichtslosigkeit. Wie wäre es mal wieder mit Blickkontakt, mit einem Lächeln und mit ein paar netten Worten? Plötzlich werden wir feststellen, dass solche Gesten nicht nur dem Gegenüber, sondern auch uns selbst sehr gut tun. Auf diese Weise kommt wieder etwas mehr Wärme in unser Leben und es ist nur ein ganz kleiner Schritt, der nicht viel Mühe macht. Ich habe die Erfahrung gemacht, das ein Anlächeln oder ein nettes Wort zu 99 Prozent positives Feedback bringt.

Nicht alles, was wir “Alten” noch gelernt haben, was Teil unserer Erziehung war, ist schlecht. “Respekt”, “Rücksichtnahme”, “Empathie” und “Mitgefühl” sind heute wichtiger denn je. Jeder Einzelne von uns kann jeden Tag unsere Welt ein bißchen besser machen.

 

4 Kommentare

  • Brigitte

    Liebe Gabi Raeggel – genau das wollte ich letztes Jahr auch mal üben – “Achtsames Gehen” an einer Bushaltestelle die sich komplett über den Gehweg ausbreitete – d.h. die wartenden (meist Schüler) standen nicht in der Wartezone des Unterstandes, sondern querbeet und vor allem auf dem Bürgersteig. Mit meinem Lächeln im Gesicht, wollte ich Achtsam vorbei, hindurch, drumrum und habe vergessen auf den Boden zu schauen – zack – die Bordsteinkante erwischt – abgerutscht – hingeknallt…
    Anstatt Erschrecken oder Mitleid erntete ich Gelächter und ne Bemerkung – “Hey die Alte ist besoffen..” Was sagt mir das?
    Achtsam ist vor allem “Auf MICH achten” aber im Grunde hab ich mein Rezept längst gefunden. Und ausserdem gehe ich nicht allzu oft in die große, böse Stadt 😉
    Grüßle aus dem Süden der Republik,
    Brigitte

  • Maria Kaisen

    Guten Abend,
    auch ich kann dir-leider- nur beipflichten, wir Menschen nehmen kaum noch Rücksicht auf Andere. Einmal die Tür aufhalten…..einfach nur etwas höflich sein,
    dies fehlt leider vielen Mitmenschen. Gehen wir mit guten Beispiel weiter voran
    und ärgern uns nicht, es gibt auch weiterhin einige nette freundliche Mitmenschen.

  • Carola

    Ich kann sowohl der Autorin als auch der Kommentatorin beipflichten.
    Auch mich stösst das Verhalten mancher Mitmenschen ab. Der Inbegriff der Respektlosigkeit ist für mich das Telefonieren an der Kasse eines Supermarktes oder eines anderen Geschäftes. Da wird versucht, einhändig das Band zu räumen und nach der Geldbörse zu grabbeln, die EC-Karte in das Lesegerät zu fummeln u. nebenbei die PIN einzugeben. Nicht ein Blick gilt der Person an der Kasse bzw. der Verkäuferin, “bitte” und “danke” hört man schon lange nicht mehr. Wie fühlt sich ein Dienstleister wenn er so behandelt wird?
    Für diese rücksichtslosen Kandidaten gibt es jetzt zum Glück die Selbstbedienungskassen z.B. bei IKEA oder KAUFLAND, es reduziert sich alles auf technische Kommunikation.

  • Gabi Raeggel

    Das spricht mir aus der Seele! Aufgedreht, abgelenkt, oberflächlich – so empfinde ich es oft. Ich übe dann manchmal beim Gang durch die Fußgängerzone einfach achtsames Gehen, indem ich versuche, dieses Spektakel möglichst nur auf mich wirken zu lassen: sehen, hören, empfinden und möglichst nicht sofort denken und werten. Dadurch bekomme ich etwas inneren Abstand und manchmal gelingt es mir dann sogar, über diesen wild gewordenen Affenzirkus zu lachen. Ich warte ja immer noch drauf, mal mit zu bekommen, wie jemand samt Smartphone vor die Laterne läuft.

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