Ist noch Platz in unseren Herzen?

Mein Mann und ich waren eine eingeschworene Gemeinschaft. Wir pflegten den Kontakt mit unserer Familie und hatten eine handvoll gemeinsamer Freunde, die meist aus Geschäftsbeziehungen entstanden waren. Beide hatten wir eine Ehe hinter uns und Freunde aus diesen Zeiten gab es keine mehr.

Bernd kochte sehr gerne und so richteten wir oft gemütliche Abende mit leckeren Speisen und guten Gesprächen aus. Als er dann schwer krank wurde, bröckelten die ersten Freundschaften und brachen dann irgendwann komplett weg. Ja, traurig aber wahr! Nach Bernds Tod zog ich von Krefeld in meine Heimatstadt Köln, wo ich seit über 30 Jahren nicht mehr gelebt habe, zurück. Auch dort konnte ich nicht auf einen bestehenden Freundeskreis zurückgreifen. Mir war klar, dass es nicht einfach sein würde, in meinem Alter noch einmal neue Freunde zu finden. Trotzdem war ich frohen Mutes, denn als echtes Kölsches Mädchen bin ich immer offen für Neues und habe viel Platz in meinem Herzen. Mit zunehmendem Alter wird man zwar anspruchsvoller und auch kritischer, aber ich war fest entschlossen, noch Spaß zu haben in meinem Leben und das klappt nun mal alleine nicht so gut.

Bereits in Krefeld hatte ich über das Internet eine alte Schulfreundin wiedergefunden. Jetzt wohne ich nur einen Vorort von ihr entfernt. Unsere Leben haben sich sehr unterschiedlich entwickelt und wir hatten uns zwischenzeitlich aus den Augen verloren. Leider sehen wir uns auch heute sehr selten.

Wie ich schon einmal schrieb, habe ich es mit meinen Vermietern und den Nachbarn im Haus sehr gut angetroffen. Wir haben ein tolles Verhältnis untereinander und trotz grosser Altersunterschiede feiern wir oft miteinander. Auch haben wir beschlossen, ab März einmal im Monat miteinander einen Spielabend zu veranstalten. In der kleinsten Wohnung im Haus wohnt Flo, Student und Mitte zwanzig. Wir hatten von Anfang an einen sehr guten Draht zueinander und treffen uns oft zum Essen oder auf ein Weinchen. Mit ihm ist in den letzten zweieinhalb Jahren eine richtige Freundschaft entstanden und ich habe ihn fest in mein Herz geschlossen. Trotz des enormen Altersunterschiedes vertrauen wir einander und können  über alles miteinander reden.

In den ersten Monaten, hier an meinem neuen Wohnort, traf ich auf dem Weg zum oder vom Einkaufen des öfteren Christine. Sie hat direkt neben uns ein eigenes kleines Haus, ist 68 Jahre alt und genau wie ich Witwe. Wir unterhielten uns immer ein wenig und merkten schell, dass wir einige gemeinsame Interessen haben. So beschlossen wir irgendwann, etwas zusammen zu unternehmen. Inzwischen sind wir richtig gute Freundinnen geworden und sehen uns mindestens einmal in der Woche.

Ihr seht, mit einem offenen Herzen und ein bißchen Mut, sich auf Neues einzulassen, ist es durchaus möglich, auch in höherem Alter neue Freundschaften zu knüpfen. Ich bin immer noch offen für alles was da kommt.

 

5 Kommentare

  • Marlene

    Liebe Karin,
    meine Erfahrung ist, es sind Wegbegleiter , eine Zeit lang, wenige für Jahrzehnte. Und man muss aktiv etwas dafür tun, um immer wieder neue Menschen zu finden. Dir gelingt das offenbar gut. Wie schön, das Leben ist mit anderen so viel reicher.

  • Tina

    Liebe Karin,
    wieder einmal ein Thema, das ich wirklich interessant finde, da mir Ähnliches passiert ist,- auch ich habe eine wunderbare Freundschaft mit einer Frau, die ich erst nach dem Tod meines Mannes vor zwei Jahren kennen gelernt habe:
    eine ehemalige Arbeitskollegin meines Mannes, die ebenfalls ihren Mann verloren hat.
    Ich denke schon dass das gemeinsame Schicksal verbindet, aber vor allem auch die gleiche „Wellenlänge“.
    Das Wichtigste ist aber, dass man sein Herz eben gerade öffnet für neue Kontakte und sich nicht „einigelt“.
    Dazu muss man natürlich aktiv werden, wird aber auch belohnt mit neuen Kontakten die das Eigene Leben bereichern.
    Wie war das noch, wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
    Ich habe wirklich gewonnen und bin weiterhin offen für neue Begegnungen.
    Alles Liebe für dich und ich kann immer wieder sagen: weiter so!!
    Tina

  • Gabi

    Du bist wirklich tapfer und mutig finde ich! So neu anzufangen? Ob ich das könnte? Schlimm finde ich, daß Freunde Dich im Stich gelassen haben. Vielleicht aber war es für Dich besser alles hinter Dir zu lassen und weg zu gehen.
    Es ist sicher schwieriger sich auf neue Menschen einzulassen, doch wenn man jemanden trifft, wo es paßt um so schöner! Man braucht jemanden zum Quatschen, Kaffe trinken und über das Leben zu philosophieren. Dazu ist ja auch ein Blog ganz gut, oder? Alles Gute Gabi

    • Karin Austmeyer

      Für mich war es wichtig das Alte zurückzulassen. Einen Wohnort, der zwar mein Zuhause, aber nie meine Heimat war und eine Wohnung, in der alles Erinnerung war. Es ist gut so. Alles Liebe für Dich.

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