(Nicht) Hurra, die Rente ist da

Wie meine treuen LeserInnen wissen, musste ich im letzten Jahr wegen meiner Krebserkrankung 7 mal in Krankenhaus. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich teilweise körperlich und seelisch nicht in der Lage war zu arbeiten. Das ist für Selbstständige natürlich eine mittlere Katastrophe.

Ich war also krank geschrieben und bekam, dank Künstlersozialkasse, Krankengeld. Mein Kundenstamm ist mir in dieser Zeit, bis auf zwei sehr liebe, treue Kunden, weggebrochen. Seit 1969, also seit meinem 14. Lebensjahr, arbeite ich. Fünf Jahre insgesamt habe ich wegen kurzer Arbeitslosigkeit und wegen Selbstständigkeit (Shop für Schmuck und Geschenke) nicht in die Rentenkasse eingezahlt. Bleiben immer noch ungefähr 44 Jahre Rentenversicherung. Ende letzten Jahres habe ich mich dann entschlossen Schwerbehindertenrente (das bin ich nämlich jetzt) zu beantragen. Ich gebe ehrlich zu, mir fehlt die Kraft, meine Firma wieder komplett neu aufzubauen und es fehlen mir auch einfach die Rücklagen um die Aufbauzeit zu finanzieren. Dieses Jahr werde ich 64 und habe ein langes Arbeitsleben hinter mir. Die letzten 15 bis 20 Jahre meiner Angestelltenzeit habe ich sehr gut verdient. Vor etwa 10 Jahren wurde meine zu erwartende Rente noch mit fast 1.500 Euro ausgewiesen. Jahr für Jahr wurde es immer weniger, denn der Rentensatz wurde ja immer weiter heruntergesetzt.

Tja, nun ist er da, der Rentenbescheid. Eigentlich redet man nicht über Geld, aber das wollte ich doch mit euch teilen.  Nach Abzug von Krankenkasse und Pflegeversicherung kommen 1.080 Euro zur Auszahlung, die zum Teil noch versteuert werden müssen. Hätte ich nicht noch eine kleine Witwenrente (auch hier wird jede Art anderes Einkommen – auch die kleine Rente – angerechnet) und könnte und wollte ich nicht noch dazu verdienen, ich wäre verratzt. Ich zahle hier in Köln schon 850 Euro Miete. Dazu verdienen darf ich bis zur Regelaltersgrenze (bei mir 65 Jahre und 8 Monate) nur 450 Euro im Monat (mal 14 = Jahr). Alles darüber wird auf die Rente angerechnet. Ich gebe hier die Summen so offen preis, weil ihr sonst nicht nachvollziehen könntet, worüber ich rede.

Nach einem langen Arbeitsleben finde ich diese Rente eine Schande. Da bekommt mancher Hartz IV Empfänger mehr. Nicht falsch verstehen, dass geht nicht gegen die Menschen, die diese Unterstützung bitter nötig haben, aber gegen unser System. Wenn man mit einem Leben voller Arbeit nicht wesentlich mehr Rente bekommt, als Menschen, die nicht arbeiten, stimmt doch mit unserem System etwas nicht. Glück im Unglück ist, dass hier im Haus in absehbarer Zeit eine kleinere Wohnung (1 Zimmer, Küche, Bad und kleine Terrasse) frei wird, auf die ich schon Anspruch angemeldet habe. Ich muß ja an die Zeit denken, wenn ich tatsächlich einmal nicht mehr arbeiten kann, denn die wird kommen. Also ziehe ich vorsorglich in diese Wohnung und muß so wenigstens nicht mein soziales Umfeld mit netten Vermietern, tollen Nachbarn und neuen Freunden aufgeben. Es ist schon ein ziemlicher Groll in mir und ich frage mich, wozu ich all die Jahre brav gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt habe. Gar nicht drüber nachdenken mag ich, wie es einer Verkäuferin oder Friseurin ergeht, wenn sie Rentenempfängerin ist. Nicht jede oder jeder hat einen Partner an der Seite, der zum Einkommen beiträgt.

Wenn also künftig hier und da auf dem Blog einmal ein Werbebeitrag mehr erscheint als bisher, habt Verständnis, denn ich kann jeden Euro gebrauchen. Ein bißchen leben und erleben möchte ich ja schon noch. Ich bleibe aber meinem Grundsatz treu, für nichts zu werben, von dem ich nicht überzeugt bin.

 

19 Kommentare

  • Alexander

    Also an Alle mein Beileid,die krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten können

    Aber jeder kann seien Rentenbescheid lesen,der jedes Jahr versendet wird
    Darin steht was man an Rente mit 63 oder 65 bekommt-vorausgesetzt man kann das auch verstehen…
    Und ich habe mein ganzes Leben gearbeitet,da ist auch meistens nur gefühlt
    Für die Rente ist wichtig,was an Rentenbeiträgen eingezahlt wurde
    Viele Kellner,Hamdwerker usw zB kassieren Trinkgeld und arbeiten schwarz .
    Die verlangen dann aber die volle Altersrente
    Wer viel verdient kann auch zusätzlich mehr in die staatliche Rentenkasse einzahlen,hier gibt es sogar noch eine gute Verzinsung

    Aber viele kümmen sich ihr Lebenlang um jeden Scheiss und im Alter kommt dann das grosse Zähneklappern

    Das Rentensystem ist gerecht,was eingezahlt wird kommt später heraus

    Fragt mal heute Jugendliche,ob die sich für Ihre spätere Rente kümmen,da kommt meistens nur heisse Luft und Achselzucken,weil Playstation und WhatsApp ja interessanter sind
    Leute rechnet mit einer Inflation von 2% pro Jahr,Zinsezinsrechnung googeln,dann die Jahre bis zur Rente ausrechnen und Ihr wisst,was später fehlt
    Dann jeden Euro,der übrig ist in zB. ETF ,wieder googeln ,
    anlegen
    Später habt Ihr dann Euer Auskommen
    Ich bin in der gesetzlichen Rentenversicherung und bekomme mit 65 2350 brutto,zusätzlich habe ich mir die Rentenlücke bis ca.80Jahre ausgerechnet und entsprechend gespart
    Dann und nur dann reicht die Rente
    Man kann auch in jungen Jahren noch nebenbei arbeiten und das Geld anlegen

    • Karin Austmeyer

      Hättest ein klein wenig meinen Blog gelesen, wüsstest du, wie alles zusammenhängt. Durch die schwere Krankheit meines Mannes ist unsere Firma in Insolvenz gegangen. Das und die lange Pflegezeit meines Mannes hat alle Lebensversicherungen und Ersparnisse aufgefressen.
      Du weißt also nie, was dir im Laufe deines Lebens so passiert.
      Dann, du bekommst mit Sicherheit keine Rente mit 65. Das Eintrittsalter ist längst Geschichte. Dann ist ja schon geplant, dass der Rentensatz weiter runter gehen soll, also bleibt es nicht bei der genannten Summe.
      Ich habe gespart und hatte Versicherungen, nur hat mir das Leben einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Ich hoffe, dein Leben verläuft weiterhin glatt.

  • Lili und Marlene

    Liebe Karin ,
    wir können Deinen Groll sehr gut nachempfinden. Wir werden in unserer Genaration darauf angewiesen sein, uns gegenseitig zu helfen. In Tat und in Wahrheit sozusagen. Mit der Freundin zusammen ziehen oder zusammen kochen, das Auto teilen , ganz praktisch und sehr wirksam.
    Alles Gute für Dich und liebe Grüße
    von Lili und Marlene

  • Sabine

    Liebe Karin,
    ich kann Deinen Groll gut verstehen. Ich werde in ein paar Jahren auch in der Situation sein, dass ich, obwohl ich immer berufstätig war und “nebenher” zwiei Kinder großgezogen habe, eine Rente bekomme, die mir nicht zum Leben reicht. Davon meinen Lebensstandard aufrecht zu halten, ganz zu schweigen. Was mich am meisten stört, dass ich, egal wem ich meine Stimme bei der nächsten Wahl gebe, sich daran nichts ändern wird. Dabei heißt es immer, wir Baby-Boomer sind viele. Aber wohl nicht genug, damit man unsere Anliegen ernst nimmt. Ich wünsche Dir mit Deinem Blog viel Erfolg und viele gute Kooperationen. Du bist ein Profi, das was die jungen Influenzerinnen können, kannst Du auch und warum nicht mit dem Blog dazu verdienen. Das macht ihn nicht schlechter.
    Liebe Grüße
    Sabine

  • Claudia Braunstein

    Liebe Karin, ich kann das sehr gut nachvollziehen, weil ich in einer ähnlichen Situation bin. Ich musste mit 48 auf Grund meiner Krebserkrankung in Berufsunfähigkeitspension gehen. Die ist etwas geringer als deine Rente, aber im Vergleich zu anderen Menschen in meiner Lage noch sehr hoch, weil ich in meiner aktiven Berufszeit sehr gut verdient habe. Hätte ich bis zum Regelalter von 60 Jahren hier in Österreich arbeiten können, dann würde mich in 4 Jahren eine sehr schöne Pension erwarten. Auch ich kann nur geringfügig rund 5000€ jährlich dazu verdienen. Es grämt mich, dass meine private Pensionsversicherung erst mit 60 greift. die könnte ich jetzt schon gut benötigen, wer weiß schon was in vier Jahren ist, bei einer Krebsart mit hohen Rezidivraten. Ich bin verheiratet, mein Mann erhält eine gute Pension, ohne der würde das alles nicht so rosig aussehen. Letztlich bin ich jedoch sehr froh, dass unser Sozialsystem hier überhaupt noch die Möglichkeit gibt mit so einer Diaganose und den daraus folgenden Behinderungen in Pension zu gehen. Alles gute, liebe Grüße, Claudia

    • Karin Austmeyer

      Liebe Sabine, ganz so ähnlich ist unsere Situation nicht, denn ich bin 63 und die Rente entspricht meiner Regelrente. Es wäre ohne die Krebserkrankung auch nicht mehr. Der Schwerbehindertenstatus hat mich nur in die Lage versetzt, etwas früher in Rente zu gehen. Für ein reiches Land wie Deutschland ein Armutszeugnis. Wie ich in einer Doku gesehen habe, sind die Renten in Österreich sehr viel höher.

  • Renate

    Liebe Karin,
    das ist erschreckend wenig! Unser Rentensystem ist nicht nur ungerecht, es ist auch völlig falsch. Die Wenigsten schaffen es 44 oder 45 Jahre durchzuarbeiten. Viele Gehälter sind so extrem niedrig, dass du keine Rente mehr erwirtschaften kannst, von der du nur ansatzweise leben kannst.

    Ich sehe uns schon später alle in Ein-Zimmerwohnungen oder Alters-WGs wohnen.

    Drücke dich. Ich bin froh, dass du innerhalb des Hauses langfristig in eine preiswertere Wohnung umziehen kannst. Du hast so eine nette Wohngemeinschaft.

    Liebe Grüße
    Renate

  • Follygirl

    Genau so ist das .. da bekommen andere fast das gleiche wie die Leute die ihr ganzes Leben gearbeitet haben. :/
    Wir haben das bald auch vor uns und wir sindn wirklich erschrocken über die geringe Summe.
    LG, Petra

  • Ute

    Hallo Karin,
    es geht seit einigen Jahren immer ungerechter zu. Ich möchte schon garnicht mehr darüber nachdenken. Es deprimiert mich. Da schaut man auf ein Arbeitsleben zurück, und es bleibt einem fast nichts. Da ist es fast besser, man arbeitet viel weniger, stellt sich auf Grundsicherung ein, und erreicht die Altersgrenze ohne sich die Gesundheit ruiniert zu haben. Ich denke an Verkäuferinnen die mit sechzig noch Kisten stemmen, Krankenschwestern die Dreifachschichten ableisten, Servicepersonal das bis in den späten Abend und am Wochenende arbeiten. Da gibt es viele Beispiele. Als Dankeschön müssen die dann Ihre Spritzen beim Orthopäden noch selbst bezahlen. Wenn man dann sieht wohin Milliardenzahlungen wandern,kann man nur noch wütend werden.
    Ute

  • Gabi

    Hallo Karin-ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg mit Deinem Blog. Auch das ist ja Selbständigkeit und Arbeit man ist halt freier! Natürlich sollst Du Werbung machen. Das wäre doch schön, wenn Du so etwas dazuverdienen könntest! Lg. Gabi

  • Gabi Saler

    Hallo Karin, mit Gerechtigkeit haben diese Entwicklungen schon lange nichts mehr zu tun. Da kann einem durchaus schon mal so ein holpriger Vergleich entweichen. Der hilft natürlich nicht. Was wir brauchen ist Offenheit im Austausch darüber. Dazu hast du beigetragen! Danke!

    • Karin Austmeyer

      Danke Gabi, ich hätte den Vergleich nach dem ersten Kommentar auch wieder löschen können, wollte ich aber nicht. Ich greife ja nicht Hartz IV Empfänger an, das liegt mir fern, sondern möchte nur darauf hinweisen, in welchem System wir leben, wo sich jahrzenhtelange Arbeit nicht mehr lohnt.

  • Sascha

    Alles nachvollziehbar, alles nicht so schön. Und sicher auch Grund, über seine eigene weitere Lebensplanung nachzudenken. Aber mit Sätzen wie [1.080 Euro] “…Da bekommt mancher Hartz IV Empfänger mehr…” wird der Inhalt und Zweck dieses Blogbeitrags mehr als relativiert bzw. in ein fahles Licht gerückt. Schade.

    • Karin Austmeyer

      Hallo Sascha, dass drückt nur meine Stimmung aus. Ein Leben lang gearbeitet zu haben und dann mit einer solchen Summe abgespeist zu werden und Menschen, die nicht arbeiten, bekommen nicht so viel weniger. Da sei es mir gestattet, dass ich an unserem System meine Zweifel habe.

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