Zwanzigster Hochzeitstag – Ein offener Brief an meinen Mann

Hochzeit 1998
Hochzeit 1998

 

Mein lieber Mausebär,

heute würden wir beide unseren zwanzigsten Hochzeitstag feiern. Dreißig Jahre hattest Du mir mindestens versprochen, siebzehn sind es nur geworden. Knapp einen Monat nach dem wir beide, ganz für uns, diesen Tag gefeiert haben, bist du gestorben.

Du hattest Dich auf eigenen Wunsch für eine Woche aus dem Krankenhaus entlassen, um mit mir an diesem Tag zu Hause zu sein. Danach solltest Du Deine erste Chemo bekommen. Wir beide feierten alleine und ruhig bei einem schönen Essen, das diesmal ich zubereitet hatte. Deinem Hobby, dem Kochen, konntest Du schon lange nicht mehr nachgehen, dazu warst Du einfach zu schwach. Diese Woche war wunderschön, weil wir draußen sitzen konnten, weil das Wetter toll war und weil wir gute Gespräche hatten, nicht wissend, dass es die letzten sein würden. Danach war nichts mehr wie zuvor. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl, als ich Dich ins Krankenhaus zurück brachte und ich hatte recht. Als Du nach der Chemo nach Hause kamst, hatte der Sterbeprozess schon begonnen und eine wirkliche Kommunikation gab es nicht mehr.

Dreißig Jahre hattest Du mir versprochen und ich weiß, wie gerne Du dieses Versprechen gehalten hättest. Nun bist Du beinahe drei Jahre tot und, auch wenn ich meinen Ehering nicht mehr am Finger trage, sondern er mit Deinem an unserem Hochzeitsfoto hängt, fühle ich mich immer noch mit Dir verbunden. Das Bild steht an meinem Bett und ich sage Dir jeden Abend “Gute Nacht”.

Eine ganze Weile nach Deinem Tod ließen viele Dinge mich glauben, dass Du noch irgendwo bei mir bist. Dieses Gefühl habe ich nun schon längere Zeit nicht mehr. Gerne möchte ich glauben, dass Deine Seele wiedergeboren wurde, es wäre eine wunderbare Vorstellung für mich. Ich vermisse Dich immer noch, wenn auch nicht an jedem Tag, aber immer wieder. Auch wenn Du nicht immer ein einfacher Mensch gewesen bist, fehlen mir Dein leckeres Essen, die tollen Gespräche mit teilweise heftigen Diskussionen und die Reisen, bei denen immer irgendetwas passierte, über das wir später herzhaft lachen konnten.

Vergessen werde ich Dich nie und auch nie aufhören, Dich zu lieben. Wo immer Du auch sein magst, ich hoffe es geht Dir gut und alle Schmerzen und alles Leid sind vergessen. Es wäre schön, könnten unsere Seelen uns irgendwann wieder begegnen.

In Liebe Dein Engelchen

 

4 Kommentare

  • Ute

    Liebe Karin,
    Du konntest Deinen Mann bis zum Ende begleiten. Er durfte still und leise gehen. So habe ich es empfunden als ich es einmal auf Deinem Blog gelesen habe. Für Dich ist es schwer, für ihn war es sicher in dieser Situation das Beste, zu Hause und bei Dir. Die Erinnerung an die 17 Jahre werden bleiben.
    Viele finden nicht den “EINEN”. Das finde ich sehr schlimm.
    Ute

    • Karin Austmeyer

      Stimmt, oft ist es für den, der geht leichter. Besonders wenn er schwer leiden musste, was ja bei Bernd der Fall war. Wir bleiben zurück und die Traurigkeit, die hin und wieder kommt, ist ja vollkommen in Ordnung.

  • Elke Speidel

    Unsere Männer müssen etwa zur gleichen Zeit gestorben sein. Ich fühle ähnlich wie du, auch nach 26 Jahren, 1 Monat und 9 Tagen war meine Ehe zu kurz. Wir hatten mindestens 50 Jahre geplant. Jetzt trage ich schon seit bald drei Jahren zwei Eheringe. Alles Liebe dir!

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