„Ausgerechnet heute! Sterben mit Hindernissen“ – ein Buch berührt mich tief
| unbezahlte Werbung |
Als der Roman von Simone Hausladen in meinen Briefkasten flatterte dachte ich, dass das Thema Depressionen gut in meinen Blog passen würde. Immerhin ist diese Krankheit in unserer Gesellschaft längst zum Massenphänomen geworden.
Schon nach den ersten 10 bis 20 Seiten stellte ich fest, wie viel der Roman mit meinem eigenen Leben zu tun hat. Die dort erzählte Geschichte hat mich tief berührt und einige Male brachte mich was ich las zum Weinen. Erinnerungen wurde wach und ich zog Parallelen zu meiner eigenen Ehe und zum Verhalten meines Mannes. Aber der Reihe nach …
Zum Inhalt
Henry Laurentz Mitinhaber einer Steuerberaterkanzlei und überaus erfolgreich. Seine Familie muss sich um Geld keine Sorgen machen. Mit Ehefrau Elisa und Sohn Baptiste lebt er in einer mustergültigen Kleinfamilie.
Heute aber, am 27. Juni, will er sich das Leben nehmen. Über Wochen hinweg hat er Schlaftabletten für seinen Selbstmord gesammelt. Die Todesart und das Danach hat er bewusst gewählt und penibel geregelt. Warum aber möchte ein Mensch, dem es doch eigentlich sehr gut geht und der mitten im Leben steht, seinem Leben ein Ende setzen? Die Antwort ist genauso einfach wie komplex: Er leidet unter Depressionen. Trotz ärztlicher Hilfe hat sich im Laufe der Jahre seine Krankheit kaum gebessert und nun glaubt Henry, dass er so nicht mehr weiterleben kann. Ausgerechnet heute aber schlägt ihm das Schicksal ein Schnäppchen. Nichts kommt so wie geplant, nichts klappt …
Die Autorin
Simone Hausladen ist 1977 in Deutschland zur Welt gekommen. Sie lebte einige Jahre in Asien und ist heute in der Schweiz zu Hause. Simone besuchte die Akademie der Bayrischen Presse, war danach mehrere Jahre im Bereich Kommunikation und Marketing tätig. Heute arbeitet sie als Psycho- und Gesprächstherapeutin. In ihre Bücher fließen ihre Erfahrungen und Begegnungen mit Menschen aus aller Welt ein.
Netterweise hat sich Simone Hausladen für ein Interview zur Verfügung gestellt. Durch meine Nähe zu diesem Thema, ist es ein eher persönliches Gespräch geworden.
Liebe Simone, wie kam es, dass sie nach einer Karriere im Bereich Kommunikation und Marketing in die Psychologie wechselten?
Die beruflichen Wege haben sich vermischt. Nach meiner Zeit bei einer Tageszeitung, interessierte ich mich für das Thema Marketing und fand eine tolle Stelle. Irgendwie trat dann die Psychologie in mein Leben und ich machte noch einmal eine Ausbildung und arbeitete danach als Therapeutin. Nach einem Umzug ins Ausland war es schwierig in diesem Bereich wieder eine Anstellung zu finden. So ging ich einen Schritt „zurück“ und leitete dann zwei Jahre lang die Kommunikation und das Marketing einer großen Wirtschaftskanzlei. Dann kam Asien und in diesem Zusammenhang meine Tätigkeit als Autorin. Kommunikation (Marketing) und Psychologie liegen in meinen Augen übrigens sehr eng zusammen und ich konnte jeweils aus dem anderen Bereich profitieren.
In ihrem neuen Buch erzählen sie die Geschichte des depressiven Henry Laurenz, der mich in vielem an meinen leider verstorbenen Mann erinnerte. Als wir anfangs zusammen lebten, zeigte sich sehr schnell, dass er immer wieder in dunkle Stimmungen verfiel und dann sogar mit mir nicht sprach. Ich schob diese Traurigkeit auf seine Vergangenheit, denn er kam aus einer kaputten Ehe mit einer Alkoholikerin. Woran können Partner erkennen, dass es sich eventuell um eine Depression handelt?
Es gibt Symptome, die ich auch alle bei meinem Protagonisten Henry beschrieben habe. An erster Stelle steht hier natürlich diese tiefe Verschlossenheit und Traurigkeit. Gerade bei Männern wird das vielleicht auch häufig als „Introvertiertheit“ interpretiert. Weitere Symptome sind Antriebslosigkeit oder Schlafprobleme.
In den Anfangsjahren sind wir oft verreist, gingen ins die Theater, in die Oper oder in Musicals. Die Initiative ging aber meist von mir aus. Er machte alles mit und ich hatte das Gefühl, dass er Freude daran hatte. So ähnlich beschreiben sie dies ja auch in ihrem Buch. Gehört das Fehlen von Eigeninitiative zum Krankheitsbild und wieso machen dem Betroffenen die Unternehmungen dann trotzdem Freude?
Das Fehlen von Eigeninitiative gehört, wie Antriebslosigkeit, zum Krankheitsbild einer Depression. Jemand, der nicht unter der Krankheit gelitten hat, kann sich nicht vorstellen, dass die Betroffenen vielleicht sogar „wollen“, aber einfach nicht „können“. Das würde auch erklären, warum Ihr verstorbener Mann trotzdem Freude an den Unternehmungen hatte.
Mein Mann bekam dann eine unheilbare Krankheit, die einige Jahre später unweigerlich zum Tod führen sollte. Bei einem Kuraufenthalt wurden seine Depressionen zum ersten Mal thematisiert. Hatte er vorher eine Therapie, die ich oft vorgeschlagen habe, mit den Worten: „Ich bin doch nicht verrückt“ abgetan, suchte er sich nun eine Therapeutin. Wieso ist der Gang zum Psychologen immer noch so negativ besetzt?
Das ist bei der jüngeren Generation nicht mehr so. Ich denke wirklich, dass man früher einfach zu wenig über psychische Krankheiten wusste und nur allzu schnell der Begriff „verrückt“ gefallen ist. Heute ist es fast schon schick geworden einen Therapeuten zu haben…
Er war dann ungefähr zwei Jahre in Therapie und ich hatte das Gefühl, dass sie ihm auch geholfen hatte. Einige Zeit später kamen die Depressionen um so schlimmer zurück. Sarkasmus und Bösartigkeit waren in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod unerträglich geworden. Ist ein Patient mit Depressionen tatsächlich einmal austherapiert oder als geheilt zu bezeichnen oder müssen Menschen mit dieser Erkrankung lebenslang weiterbehandelt werden?
Es gibt dazu sicherlich viele Meinungen. Ich persönlich denke nicht, dass man eine Depression austherapieren kann. Im besten Fall gibt der Therapeut dem Patienten Hilfsmittel an die Hand, damit dieser beim Wiederaufkeimen der Krankheit sofort selbst gegenzusteuern kann. Das bedarf allerdings Disziplin, seitens des Patienten. So kann man lernen mit der Krankheit gut zu leben.
Wie in einer Partnerschaft mit einem Alkoholiker, so war auch ich co-krank und habe bis zum Tod meines Mannes mehr sein Leben gelebt, als mein eigenes. Was raten sie betroffenen Angehörigen?
Abgrenzen! Auch mal loslassen. Sich nicht selbst vergessen. – Einfacher gesagt als getan. Aber ein anderes Mittel gibt es nicht. Nicht umsonst gibt es Selbsthilfegruppen für Partner von depressiven Menschen.
Vielen Dank für das Interview und die interessanten Einsichten.
Vielen Dank für das Interesse an meinem Buch. Ich wünsche Ihnen, Ihrem tollen Blog und Ihren Lesern alles erdenklich Gute!
Mein Fazit
Es handelt sich nicht um ein trockenes Sachbuch, sondern um einen Roman, der auf unterhaltsame Weise einen Einblick in die Psyche eines depressiven Menschens gibt. Simone Hausladen erzählt uns vom vermeintlich letztem Tag im Leben von Henry Laurenz. Rückblicke auf sein bisheriges Leben erklären, warum er sich heute das Leben nehmen will und berichten von den Auswirkungen, die eine solche Erkrankung auf die Angehörigen hat. Ein lesenswertes Buch, auch für Menschen, die noch nie mit Depressionen in Berührung gekommen sind, sich aber für das Krankheitsbild interessieren.
Ein Kommentar
Sabine Gimm
Sehr interessant liebe Karin. Danke für die Vorstellung.
Liebe Grüße Sabine