Zwischen 40 und 60 – Interview mit Sabine Ingerl

Bild: Sabine – heute mit knapp 60 strahlt sie Ruhe und Zufriedenheit aus.

 

Sabine, aus der Nähe von Augsburg, ist Kauffrau und hat zwei erwachsene Kinder. Sie lebt mit Ihrem Herzblatt am Stadtrand, liebt ihren verwilderten Garten und die Nähe zur Natur. Sie bloggt seit 2012, seit kurzem auf „Sabine Ingerl – acht Stunden sind kein Tag“. Jahrgang 1958, freut sie sich auf ihren 60. Geburtstag und die Überraschungen, die ein neues Lebensjahrzehnt bringen wird. In ihrem Blog möchte sie zeigen, dass es unabhängig vom Alter, Spaß macht mit Mode zu experimentieren und einen eigenen Stil zu kultivieren, und dass das auch mit geringen Mitteln und ein wenig Fantasie möglich ist.

Liebe Sabine,

Wie war Dein Lebensgefühl mit 40 und wie unterscheidet es sich zu heute?

Zwischen 40 und 50 war mein Lebensrhythmus deutlich schneller, mein Tag bis zum Rand gefüllt und durchorganisiert. Ich arbeitete zwar nur 30 Wochenstunden, hatte aber einen Nebenjob und und versuchte gleichzeitig so viel Zeit wie möglich mit meinen Kindern zu verbringen, am liebsten draußen. Einen Partner hatte ich auch, denselben wie heute. Wir wohnten nicht zusammen, verbrachten aber die Wochenenden gemeinsam. Ruhiger wurde es als die Kinder auszogen.

Die Zeit zwischen 50 und 60 war eine Zeit der Veränderung. Ich arbeitete Vollzeit, endlich in dem Job, den ich schon lange haben wollte. Ich genoss es alleine zu wohnen, richtete mir meine Wohnung so ein, wie es mir gefiel und ich begann zu bloggen und mich um meine modische Weiterentwicklung zu kümmern. Außerdem fing ich an regelmäßig Sport zu treiben, ging walken und mindestens 2 x die Woche ins Fitnessstudio.

Wachsendes Selbstbewusstsein, ließ mich Situationen, die mich belasteten hinterfragen. Ich begann mich gegen verbale Angriffe zu wehren, löste mich von Menschen, die mir nicht gut taten.
Nun mit Anfang 60 habe ich das Gefühl angekommen zu sein, räumlich, zeitlich und emotional.
Ich fühle mich mit meinen Kindern, meinem Mann und dem Vater meiner Kinder (ja der gehört bei uns zur Familie) verbunden und in Einklang und ich möchte an keinem anderen Ort und keinen Tag jünger sein.

 

Welche Wünsche und Träume hattest Du in diesem Alter und was davon ist in Erfüllung gegangen?

Ich habe mir einen interessanten Beruf gewünscht. Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Ich hab mir gewünscht, dass meine Kinder selbständige, eigenwillige, verantwortungsvolle Erwachsene werden. Dieser Wunsch ging bestens in Erfüllung. Ich bin stolz auf die Beiden.

Gewünscht habe ich mir, nach einer glücklichen Phase des alleine Wohnens, mit meinem Partner zusammen zu leben. Auch dieser Wunsch hat sich erfüllt.

Gerne wäre ich nach Vietnam, nach Kuba, zum „Burning Man“ nach USA gereist. Das war finanziell nicht drin. Jetzt sind Reisen in heiße Länder kein Vergnügen mehr für mich.

 

Sabine mit 40 plus – eine sympathisch und fröhlich wirkende Frau

 

Wenn Du heute auf die letzten 20 Jahre zurück schaust, wie ist Dein Resumé?

Das ist kurz gesagt. Es waren gute Jahre, es sind gute Jahre und es werden ebensolche noch kommen.

Meine beste Zeit ist jetzt,

ist schon lange mein Motto.

Gab es Schicksalsschläge oder tiefgreifende Veränderungen in dieser Zeit und wie haben sie Dein Leben beeinflusst?

Als ich 2015 erfuhr, dass das Zittern meiner linken Hand und die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit auf Parkinson zurückzuführen sind, hat mir das zunächst den Boden unter den Füßen weggezogen. Zuvor hielt ich mich für unbesiegbar, weil ich mir sicher war, dass ich mich auf mich und meine Energie, meine Fantasie und meinen guten Mut verlassen kann. Nun brach die Energie weg. Mir war und ist bewusst, dass ich mich auf meinen Körper nicht mehr verlassen kann.

Fantasie und guter Mut sind geblieben und ziemlich bald war mir klar, dass Tage, die ich im Selbstmitleid verbringe, verlorene sind. Manchmal geht es mir nicht gut, Stress verursacht mir Magenschmerzen, Blasenreizung und Durchfall. Und Stress kann mir inzwischen schon bereiten, wenn ich in Zeitnot gerate oder mich verfahre, oder wenn zwei Leute gleichzeitig was von mir wollen – da hätte ich früher drüber gelacht. Heute lache ich nicht, versuche aber die Stresssituation zu entschärfen, indem ich mich an frühere Routine erinnere und daran, dass ich nicht perfekt sein muss. Ich komme z.B. nicht gerne zu spät, wenn’s aber passiert, wird mir keiner den Kopf abreißen.

Manchmal habe ich Angst, was kommt und die Vorstellung immer unbeweglicher zu werden, lässt, wenn ich nicht aufpasse, Panik aufkommen. Diese Krankheit ist mein Päckchen. Ich kann es mir schwer und ich kann es mir leicht denken. Mein Verstand ist in Ordnung, meine Fantasie groß, mein Herz voller Liebe und meine Neugier ungebremst. Deswegen ist das eine gute Zeit jetzt. Über das, was kommt, mache ich mir so wenig Gedanken, wie möglich.

Bist Du heute zufriedener oder trauerst Du der alten Zeit hinterher?

Ich war früher nicht unzufrieden und bin es heute nicht. Ausgeglichener bin ich jetzt und selbstbewusster. Ich möchte nicht mehr dreißig oder vierzig sein, jünger schon gar nicht. Einzig der Tatsache, dass ich nicht mehr so gut sehe wie früher, trauere ich nach. Eine neue Brille ist aber schon bestellt, dann hab ich nichts mehr worüber ich klagen kann.

 

Welche Wünsche und Träume hast Du für die nächsten 20 Jahre?

Ich möchte die Zeit, wenn ich nicht mehr arbeite, genießen. Was vor allem in den letzten Jahren während ich Vollzeit berufstätig war zu kurz kam, wieder in den Vordergrund rücken. Morgens durch die Felder wandern oder zum See radeln und schwimmen. Stadtbummeln und Freunde treffen, irgendwas mit meinen Händen machen, vielleicht wieder nähen. Wenn ich was finde, was mir zusagt, bei einem sozialen Projekt mitarbeiten. Enkel wünsche ich mir und nach Schottland und in den Iran möchte ich noch mal und, ganz wichtig, zusammen mit Herrn U. alt zu werden.

 

Vielen Dank Sabine für das Interview. Ich bewundere deine Stärke und deinen Lebensmut. Weiter so, ich umarme dich fest.

4 Kommentare

  • Gabriele - Gabrielen immerschön.

    Liebe Karin, vielen Dank für Dein großartiges Interview mit Sabine, die ich auch im „wahren Leben“ sehr schätze und bewundere. Es ist einfach toll wie deutlich ihre großartige Lebenseinstellung, ihre Haltung und Besonderheit in Deinem Interview wird. Ich kann nur sagen: Bravo!

  • Sabine

    Liebe Karin,
    vielen Dank, dass Du mich zum Sonntagsinterview eingeladen hast. Mit das Beste am Blloggen ist für mich, dass ich wunderbare Frauen kennen lerne. So wie Dich.
    Zunächst mal hier, vielleicht auch bald einmal im Analogen.
    Ganz liebe Grüße
    Sabine

  • Ines

    Danke für das schöne Interview. Mit genau dieser tollen positiven Ausstrahlung durfte ich Sabine kennenlernen und freue mich sehr darüber. Ein Mensch, der die Welt bereichert.

Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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