Ein Jahr ohne dich

„Ein einziger Mensch fehlt und die ganze Welt ist leer.“

 

Wir waren 20 Jahre lang ein Paar. Wir haben uns geliebt und gestritten, gegenseitig geholfen und getragen. Wir waren voller Zärtlichkeit und Respekt füreinander. Tage, Wochen und Monate sind nur so gerast, doch die Trauer ist kein bißchen weniger geworden – im Gegenteil. Seit einem Jahr bist du nicht mehr bei mir und es ist viel passiert inzwischen:

Es war ein Montagnachmittag an dem du von mir gingst und deine Krebsdiagnose erst 3 Wochen her. Der Tag war äußerst lebhaft. Morgens kamen der Pflegedienst, der am Abend vorher zum ersten Mal bei dir war, und die Paliativärztin. Während ich mit der Leiterin den Pflegevertrag abschloss, sagte sie mir, dass du wohl noch in dieser Woche sterben würdest. Ich hatte gefragt, denn diese Menschen haben ja jahrelange Erfahrung mit Sterbenden. Kater war krank und mußte zum Tierarzt. Deshalb eilten meine Schwester und mein Schwager gegen Mittag zur Hilfe. Ich konnte und wollte dich ja nicht alleine lassen. Dein Sauerstoff wurde aufgefüllt und ein Pflegebett wurde geliefert. In der kurzen Zeit, die der Aufbau des Bettes benötigte, hast du dich davongeschlichen. Nur Kater, der an deinem Kopfende schlief, hat dich hinüber begleitet. Es war gut, dass du am Ende nicht mehr so lange leiden mußtest. Diese Tatsache gab mir einen unendlichen Frieden, als ich dich tot in unserem Ehebett liegen sah.

Rudi hatte für uns gekocht, wir aßen gemeinsam und stießen noch einmal auf dich an. Dann rief ich alle Verwandten an, ließ das Pflegebett wieder abholen, bestellte das Beerdigungsinstitut und war bei alledem ruhig und gefasst. Erst am Abend, als Schwesterchen und ich die Totenwache hielten kamen die ersten Tränen. Wir erzählten, erinnerten uns und weinten immer wieder. Trotzdem war es eine friedliche Nacht, die mir die Gelegenheit gab, so wie dein Körper immer kälter wurde, von dir Abschied zu nehmen.

 

„Trauer ist Wandlung und begleitet ein Leben lang.“

 

Die Zeit danach war durch Umzug und Organsitation meiner neuen Lebenssituation sehr arbeitsreich. Erst gegen Ende des Jahres kam ich einigermaßen zur Ruhe. Seit dieser Zeit ist die Trauer wieder größer geworden.  Immer noch ist mir, als wärst du gerade nicht da, – so wie früher, wenn du für ein paar Tage auf Geschäftreise warst – nur, dass diese Reise nun etwas länger dauert. Ja, ich habe dich tot gesehen und verdränge diese Tatsache auch nicht. Trotzdem habe ich das Gefühl, du bist nicht wirklich weg, sondern immer bei mir.

Mein Mausebär, ich vermisse dich. Ich vermisse deinen Arm um meine Schulter, vermisse dein leckeres Essen, vermisse deinen (etwas gewöhnungsbedürftigen) Humor und vermisse deine große Liebe zu mir. Die Zeit wird sicher die Trauer weniger werden lassen, aber vermissen werde ich dich mein Leben lang.

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