Achtsam sein mit sich selbst

Meine Krebserkrankung hat mich gelehrt, dass ich künftig achtsamer mit mir umgehen muss, denn ich fühle mich manchmal unsagbar schwach und leer. Zum ersten Mal in meinem Leben sollte ich mich einmal wichtiger nehmen, als alles und jeden um mich herum. Mein Körper zeigt mir eindringlich, dass ich mehr Ruhe brauche, als ich mir bisher gestattet habe. Schreiben, ein gutes Buch lesen, mit Familie und Freunden etwas unternehmen, all das tut mir im Moment wirklich gut.

Fast alle Erledigungen mache ich inzwischen zu Fuß. Dafür hatte ich früher keine Zeit. Wer einen schwer kranken Menschen pflegen und nebenbei noch den Lebensunterhalt verdienen muß, ist gezwungen, alles möglichst schnell zu erledigen und ist immer gehetzt und auf dem Sprung. Ich habe festgestellt, dass jahrelang Wetter, Jahreszeiten, Nachrichten usw. unmerklich an mir vorbei gingen und von mir nicht wirklich wahrgenommen wurden. Die Psyschologin meines Mannes sprach damals schon von einem Burn out (furchtbar der Begriff), aber auch dafür hatte ich keine Zeit. Ich versuche alle Dinge um mich herum jetzt bewusst zu erleben.

Es macht mich glücklich, wieder in meiner Heimatstadt Köln zu sein. Hier habe ich in den letzten Jahren einige Menschen gefunden, die mich mögen und auf mich achten. Es ist ja einfach, mit Kölnern in Kontakt zu kommen, denn sie sind sehr zutraulich. Das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit. 10 Jahre habe ich in Krefeld gelebt und in dieser Zeit nicht wirklich soziale Kontakte knüpfen können.

So ganz gelingt mir das Achtsamsein mit mir selbst immer noch nicht. Immer noch werde ich von Unruhe und Existenzangst getrieben. Mein angeborener Optimismus und mein Humor werden mir hoffentlich helfen zu lernen, was mir jetzt noch nicht so richtig gelingt. Schließlich will ich eine alte strickende Oma werden…. oder etwa nicht?

8 Kommentare

  • Peter

    Achtsamkeit kann ein mächtiges „Werkzeug“ sein. Und Lösungsorientiert zu agieren. Auch, wenn es vermutlich in Deiner Situation schwerfallen mag.

    Kann alles „geübt“ werden, ist nicht viel anders, als beim Sport. Da schaffen Ungeübte ja auch keinen Marathon aus dem Stand… 😉

    Meine Sicht u.a. dazu: https://p-adler.de/achtsamkeit/

    Ich wünsche Dir viel Kraft bei der Umsetzug, und noch mehr, mit Deiner Krankheit umzugehen!

    • Karin Austmeyer

      Ja Peter, es fällt schwer, wenn man immer stark war bzw. sein musste. Daran muss ich arbeiten, obwohl es ja nichts mit Arbeit zu tun haben sollte.

  • Gabi Saler

    Liebeliebste Karin,
    ….und auf einmal bist du „rausgehoben aus der Zeitmaschine“ und alle Perspektiven verändern sich. Achtsam mit sich selber sein….sagt sich so leicht. „Tu ich doch. Mach ich doch…“. Dass das wenig mit „Tun“ zu tun hat, ist für „Macher“ schwer anzunehmen. Kenn ich gut. Sehr gut. Inklusive Unruhe und immer wieder aufflackernder Existenzangst…Mit dem Teilen dieses Posts bist du mir so nah und auch, wenn wir uns noch nicht persönlich kennen, fühle ich mit dir, erahne die neuen Glücksmomente des „Aufgehobenseins“ nach denen wir uns alle so sehr sehnen, spätestens dann wenn wir krank sind und gesund werden wollen. „Heimat ist da, wo ich krank sein darf“, hat mir eine Vertraute neulich gesagt. Diese Heimat wünsche ich dir. Ohsosehr. Und umarme dich, aus dem Herzen, Gabi

    • Karin Austmeyer

      Ach Gabi, du bist so ein Herzensmensch und ich würde dich gerne in den Arm nehmen. Wir sollten uns unbedingt kennenlernen. Melde dich doch einfach, wenn du in meiner Nähe bist.

  • Renate

    Liebe Karin,
    so wie ich dich kenne, bist du ein Mensch, der immer sehr viel für andere gegeben hat. Es ist manchmal nicht so einfach auf sich selbst zu achten. Ich hoffe, wir treffen uns demnächst noch einmal zu einem Kaffeeplausch am Wochenende.

    Du schaffst das! Schau, was dir gut tut.

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende.
    Renate

  • Sabine Gimm

    Liebe Karin,
    dafür wünsche ich Dir viel Kraft. Es ist so wichtig, dass man neben all dem Alltagsstress auf sich selbst acht gibt. Manchmal ist es leichter gesagt als getan. Pass auf Dich auf. Schön, dass Du in Köln wieder soziale Kontakte gefunden hast. Ich finde, die Menschen dort sind sehr offen. Das ist woanders nicht selbstverständlich.

    Liebe Grüße Sabine

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