Bei dieser Kleidung kein Wunder, oder?
Wenn wir anfangen zu fragen: „Was hattest du an?“ dann ignorieren wir die einzige wirkliche Frage: Warum? Warum sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen? Warum musste jemand aufhören, Mensch zu sein, um sich in einem Moment der Kontrolle über einen anderen Menschen zu erheben ? Warum mussten sie den Schmerz in jemandem sehen und ihn ausnutzen?
Es geht nicht um die Kleidung. Es geht um Macht. Es geht um die Zerstörung von Leben, von Vertrauen. Es geht um etwas so viel Tieferes, das wir mit Sätzen wie diesen übersehen, das wir kleinreden. Es ist nie die Kleidung. Es ist nie der Moment. Es ist immer die Tat. Und es ist immer die Verantwortung des Täters, niemals des Opfers.
Was hattest du an? Dieser Satz trifft wie ein Schlag, doch er trifft nicht nur einzelne, er trifft uns alle als Gesellschaft. Gerade jetzt, wo in unseren Freibädern wieder Unbeschwertheit und Lebensfreude herrschen sollten wird deutlich: Solche Sätze haben keinen Platz.
Denn gerade an diesen scheinbar sicheren Orten, in Schwimmbädern, bei denen wir uns auf Sommer, Sonnenschirme und Spaß verlassen, passieren in diesem Sommer schreckliche Dinge:
- Am 22. Juni wurden im Waldschwimmbad Barbarossabad in Gelnhausen neun Mädchen im Alter von 11 bis 17 Jahren sexuell belästigt – mitten im Strömungskanal – von einer Gruppe junger Männer, zwei von ihnen Brüder mit syrischem Pass. Vier Tatverdächtige wurden festgenommen, eine Hausdurchsuchung folgte, weitere Ermittlungen laufen. (Der Spiegel)
- Landesweit sind 2024 in Hessen allein laut LKA 74 Fälle sexueller Übergriffe in Schwimmbädern dokumentiert worden, dabei waren etwa 60 % der Tatverdächtigen nicht-deutscher Herkunft (Die Welt)
Diese Zahlen zeigen, es ist nicht nur ein schwerer Einzelfall. Es ist ein strukturelles Problem an Orten, die Schutz bieten sollten und doch zum Tatort werden. Wir sollten nicht danach fragen: „Was hattest du an?“, sondern „Wieso herrscht hier keine Sicherheit?“
Warum dieser Beitrag heute so dringend ist
Weil wir hören, dass Opfer unter Beschuldigungen leiden, statt echte Hilfe zu erfahren. Weil Täter glauben, im Schwimmbad dürfe jeder Körper in Reichweite angefaßt werden und wir zusehen oder wegschauen. Währenddessen werden Betroffene traumatisiert, mit Schuldgefühlen, Angst und Scham.
Kleidung ist niemals ein Auslöser, auch kein Bikini!
Warum wir handeln müssen – nicht nur reden
Wir dürfen Betroffene nicht befragen, was sie trugen, sondern sofort sollten sie fragen: Was können wir jetzt tun, damit du dich wieder sicher fühlst?
Es braucht eine Kultur der Achtsamkeit, in Bädern, Umkleiden, auf Rutschen – einfach überall. Nicht nur Ermittlungen sind wichtig, sondern rasche juristische und aufenthaltsrechtliche Maßnahmen, damit sie keinen weiteren Schaden anrichten DIE WELT.
…und vor allem: Solidarität mit den Opfern.
Warum es ein Wunder ist
Es ist ein Wunder, dass sie nach solchem Horror überhaupt Luft holen können. Es ist ein Wunder, dass sie den Mut haben, weiter ins Wasser zu gehen, trotz Panik. Es ist ein Wunder, dass sie sich melden, sich erinnern, ihre Stimme erheben gegen mächtige Strukturen, die weghören oder weggucken.
Sie sind nicht schuld. Niemals. Ganz gleich, was andere sagen.
Ihr Mut, ihre Wut, ihr Weitermachen – das ist unser Wunder.
An dich, der du das liest
Wenn du dich je gefragt hast, ob Kleidung, Ort oder Uhrzeit etwas ändern: Nein. es ist unsere Haltung, es ist unsere Bereitschaft zuzuhören, zu schützen, einzugreifen und zu sagen: Es ist niemals die Schuld der Betroffenen. Nie.
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