
„Sind wir zu alt für den Club?“ – Warum ich mit 70 immer noch tanze (und das ganz bewusst)
Vor einiger Zeit war ich mit Schwester und Schwager in einem Club in Johannesburg (Südafrika) Musik, Licht, vibrierender Boden, alles wie früher. Ich tanzte. Mitten auf der Tanzfläche. Allein, mit allen anderen um mich herum. Irgendwann kam eine junge Frau zu mir, freundlich strahlend und sagte: „Mir gefällt dein Tanzstil“. Ich lachte und antwortete: „Danke, macht auch Spaß. Immerhin bin ich schon 70“. Die Antwort kam promt: „Wow, und du tanzt besser, als die meisten hier“. Das ist so ein Moment, der mir bleibt. Ich gebe zu, ich war in diesem Moment ein wenig stolz und vor allem glücklich.
In Deutschland ist es ungewöhnlich, mit 70 in einem Club zu stehen. Ich merke das jedes Mal, wenn ich weggehe, was eher selten ist. Die Blicke, die Fragen, manchmal auch das schüchterne Lächeln von Leuten, die sich offensichtlich nicht sicher sind, ob ich verloren gegangen oder einfach nur mutig bin. Dabei ist Tanzen für mich das Natürlichste der Welt.
Ich habe mein halbes Leben in Diskotheken verbracht – in den 70ern, 80ern, 90ern, durch die Jahrtausendwende hindurch wurde es etwas seltener. Wenn der Rhytmus stimmt, bin ich nicht zu bremsen. Ich war nie nur stille Zuhörerin, ich war Tänzerin. Immer. Ich habe getanzt, wenn ich glücklich war, wenn ich traurig war, wenn ich mich frei fühlen wollte oder einfach nur, weil die Musik zu gut war, um stillzustehen. Und wißt Ihr was? Daran hat sich nichts geändert.
Was sich allerdings geändert hat, ist die gesellschaftliche Wahrnehmung. In jungen Jahren wird gefeiert, als gäbe es kein Morgen. In den Dreißigern wird man „erwachsen“ und ab einem gewissen Alter, so scheint es, verschwindet man aus dem Nachtleben, freiwillig oder durch gesellschaftlichen Druck. Aber warum eigentlich?
In Südafrika erlebe ich etwas ganz anderes. Dort sind Clubs ein Ort für alle Generationen. Wenn ich dort tanze, kommen junge Leute auf mich zu, lachen, tanzen mit mir. Da ist keine Distanz, kein „Was will die hier?“, sondern ein echtes Miteinander.
Es fühlt sich an, wie es sein sollte: Menschen tanzen gemeinsam – egal wie alt sie sind, welcher Nationalität und welcher Hautfarbe. Weil Tanzen verbindet. weil Tanzen keine Altersgrenze kennt und weil Freude alterslos ist.
Zurück in Deutschland fühlt sich das manchmal ernüchternd an. Es ist, als würde das Leben nach der Rente in ein „leiseres Kapitel“ übergehen müssen. Als ob die Gesellschaft sagen würde: Du hattest deine Zeit, jetzt bitte ab auf die Parkbank. Aber ich sage:“ Meine Zeit ist jetzt.“ Ich tanze, weil mein Herz tanzt. Ich tanze, weil es mir Kraft gibt. Ich tanze, weil ich es liebe und ehrlich gesagt, weil ich es auch immer noch ziemlich gut kann.
Also, zurück zur Frage: Sind wir zu alt für den Club?
Nein. Vielleicht ist der Club manchmal zu jung für uns, aber das ist nicht unser Problem. Unser Leben ist nicht vorbei, nur weil die Kerzen auf der Torte mehr werden. Vielleicht sind wir sogar die, die den Club mal wieder daran erinnern, worum’s eigentlich geht: Musik, Bewegung, Freude und keine Angst davor, sich dem Beat des Lebens hinzugeben.
Wenn du mich also das nächste Mal auf der Tanzfläche siehst, dreh dich nicht weg sondern tanz mit mir! Ich garantiere: Es wird ein unvergesslicher Abend.

