
70 Jahre Leben – Die 90er Jahre
Singlezeit ohne Reue
Anfang der 90er war ich rundum zufrieden mit meinem Leben. Nach zwei gescheiterten Ehen hatte ich beschlossen: „Nie wieder ein Mann dauerhaft in meinem Leben.“
Ich arbeitete als Sekretärin der Niederlassungsleitung in einem IT-Unternehmen, verdiente gutes Geld, tanzte leidenschaftlich gerne und genoss das Singleleben in vollen Zügen. Ich war ausgelassen, selbstbewusst und überzeugt davon, dass mir die Liebe nichts mehr anhaben könnte.
Ein Tag, der alles veränderte
Im April 1992 hatte ich Standdienst auf der DRUPA in Düsseldorf. Abends ging es mit den Kollegen zum Italiener. Dort lernte ich auch Bernd kennen, den Leiter des Bielefelder Büros, mit dem ich zuvor oft telefoniert hatte. Seine Stimme war tief und sanft, eine Stimme, die auch ins Radio gepasst hätte.
Als wir uns nun zum ersten Mal gegenübersaßen, war es um mich geschehen: Wir konnten die Augen nicht voneinander lassen. Liebe auf den ersten Blick? Ja, die gibt es. Und mit einem Schlag waren alle meine Vorsätze dahin.
Zwischen Affäre und Sehnsucht
Bald erfuhr ich, dass Bernd verheiratet war – unglücklich verheiratet, wie Kollegen mir erzählten. Sie sagten: „Hol ihn da raus, sonst geht er in dieser Ehe zugrunde.“
Wochenlang besuchte er mich fast jedes Wochenende, oft kam er mitten in der Nacht von Stukenbrock nach Bedburg gefahren. Wir telefonierten täglich, die Sehnsucht war groß. Doch ich stellte klar: „Ich bin keine Geliebte. Irgendwann musst du dich entscheiden.“
Dann – plötzlich – brach der Kontakt ab. Ich war am Boden zerstört. Schließlich fuhr ich verzweifelt zu ihm, und er sagte mir bei einem Spaziergang im Wald: „Ich kann meine Frau und meinen Sohn nicht verlassen.“
Weinend raste ich über die Autobahn nach Hause. Bis heute frage ich mich, wie ich heil ankam.
Ein Zeichen im Traum
Die Zeit verging. Neue Männer traten in mein Leben, doch keiner berührte mein Herz. Dann, zwei Jahre später, im Sommer 1994, hatte ich einen Traum: Ich sah Bernd im Wasser kämpfen, er drohte zu ertrinken. Ich wachte schweißgebadet auf – überzeugt, dass es ihm nicht gut ging.
Also schrieb ich ihm einen anonymen Brief, nur unterschrieben mit meiner neuen Büronummer. Darin stand ein Spruch, der mich tief bewegt hatte:
„Ich trage dich wie eine Wunde auf meiner Stirn, die sich nicht schließt.
Sie schmerzt nicht immer, und es fließt das Herz sich nicht daraus tot.
Nur manchmal plötzlich bin ich blind und spüre Blut in meinem Mund.“
Dann wartete ich. Und wartete.
„Hallo Engel …“
Eines Abends, ich saß mit einem Kollegen über dem Jahresbericht, klingelte das Telefon. Am anderen Ende: eine vertraute Stimme. „Hallo Engel.“ „Hallo Bärchen“, antwortete ich wie früher. Und in diesem Moment war alles wieder da: Schmetterlinge, Sehnsucht, Herzklopfen.
Kurz darauf stand er wieder vor meiner Tür. Drei Jahre waren vergangen und doch fühlte es sich an, als wäre keine Zeit dazwischen. Wir kauften sogar gemeinsam einen Weihnachtsbaum, doch die Angst blieb: würde er mich wieder verlassen?
Doch es kam anders. Als ich nach Meerbusch umzog, half er mir. Nach getaner Arbeit saß er auf meiner Couch, schaute Nachrichten und ich wusste plötzlich, das ist sein Platz. Hier gehört er hin.
Entscheidung auf Raten
Die nächste Messe in Düsseldorf brachte schließlich die Wende: Statt ins Hotel zog Bernd mit drei Koffern zu mir. Danach folgten Kartons und unser erstes gemeinsames Leben. Auch unser erster Urlaub in St. Malo wurde unvergesslich.
Sein Sohn sagte später einmal: „Warum bist du nicht viel früher gegangen?“ Drei Jahre hätten wir also nicht verlieren müssen.

Endlich Brautpaar
1998 war es so weit: Bernd war geschieden, wir heirateten im Mai – und unsere Hochzeitsreise führte uns nach Paris. Auch den Jahrtausendwechsel feierten wir dort, zusammen mit Freunden. Es war eine glückliche, fast unbeschwerte Zeit.
Doch das neue Jahrtausend brachte auch neue Prüfungen.
Aber das erzähle ich euch beim nächsten Mal …
Was sonst noch so geschah in diesem Jahrzehnt:
