Erinnerung

10850142_887000641318230_1546680857781509364_nHeute ist mein Mann ein halbes Jahr tot. Seit seinem Todestag war ich nur im Hamsterrad. Erst alles regeln, was zu regeln war, dann neue Wohnung suchen. In der alten Wohnung mußte aussortiert werden was zuviel war oder nicht mehr gebraucht wurde. Verkaufen, Entsorgen, Kisten packen, zwischendurch Wohnungen besichtigen, dann neue Möbel bestellen und umziehen. Meinen Lebensunterhalt mußte ich natürlich auch noch verdienen.

Nun wohne ich seit 3 Monaten wieder in meiner Geburtsstadt Köln und habe mich sehr gut eingelebt. Äußerlich, finde ich, habe ich mich sehr gut erholt. Aber nun merke ich immer mehr, dass ich in eine andere Phase komme. Eine tiefe Trauer überfällt mich mit Macht. War ich in den letzten Monaten meistens stark (weil ich es ja auch sein mußte), so bin ich nun oft traurig und kraftlos. So manchen Abend sitze ich und weine. Ich vermiße ihn, nun wo Ruhe in mein Leben eingekehrt ist, so sehr.

Bernd war nicht immer der einfachste Mensch, so manches Mal ein mächtiger Dickkopf. Doch selbst seine Unarten fehlen mir jetzt. Ist das der normale Lauf der Dinge? Sind Trauerphasen so oder liegt es an der nahenden Weihnachtszeit, die uns ja gerade geliebte Menschen, die uns verlassen haben, so vermissen läßt?

Weihnachten – das erste Fest ohne ihn. Am Anfang unserer Beziehung fand er das “Gedönz”, dass ich um das Weihnachtsfest machte, merkwürdig. Stundenlanges, liebevolles Baumschmücken und Geschenkeverpacken kannte er aus seinem früheren Leben nicht. Später hat er diese Weihnachtsrituale liebgewonnen und sogar genossen. Wir hatten meist an Heiligabend Gäste: Seinen Sohn mit wechselnden Partnerinnen, meine Schwester und Schwager. In den ersten Jahren war auch meine Kusine mit ihrer Familie bei uns zu Gast. Bernd, der leidenschaftlich gerne kochte, verwöhnte uns mit köstlichen Leckereien. Ich war für den Nachtisch zuständig, denn wir meist erst nach der Bescherung zu uns nahmen. So wurde für uns die Weihnachtszeit tatsächlich die schönste Zeit des Jahres.

Ja, ich habe ein bißchen Angst vor diesem ersten Weihnachten ohne ihn. Alles wird so anders sein als bisher. Heiligabend sind Schwester und Schwager bei mir. Ich werde die beiden bekochen und Bernd hoffentlich alle Ehre machen. Mein Schatz, egal wo du jetzt auch bist, das Festessen werde ich dir widmen. Ich hoffe, du schaust mir liebevoll zu und führst notfalls den Kochlöffel.

Der Tod ist der Grenzstein des Lebens, unser letzter Begleiter. Aber, er ist nicht der Grenzstein der Liebe, dem selbst der Tod machtlos gegenüber steht. Denn er hat keine Macht über die Erinnerung.

2 Kommentare

  • Gunda von Hauptsache warme Füße!

    Oje – wie traurig. Meinen Mann habe ich gottseidank noch (er ist allerdings 17 Jahre älter als ich …), aber ich habe im Juli meine Mama verloren und durchlebe ähnliche Phasen, in denen die Gefühle oft sehr unterschiedlich sind. Beim Mann, der täglich mit einem im Wohnzimmer saß, stelle ich es mir allerdings noch ungleich schwieriger vor, darüber hinwegzukommen.
    Ich wünsche Dir, dass Du das erste Weihnachtsfest ohne ihn so gut wie eben möglich überstehst.
    Alles Liebe
    Gunda

    • Karin Austmeyer

      Hallo Gunda,
      danke für deine lieben Worte. Meine Familie ist bei mir und ich hoffe, dass wir uns an Weihnachten einfach nur liebevoll an ihn erinnern können.
      Dir und deiner Familie ein schönes Weihnachtsfest.
      Liebe Grüße
      Karin

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