Seltsame Zeiten

Gerade liegt der 19. Hochzeitstag hinter mir. An diesem Tag war ich mit einer Freundin in der Stadt unterwegs. Das hat mich abgelenkt und machte mir den Tag etwas leichter. Trotzdem ist im Moment eine seltsame Zeit.

Ich trage dich wie eine Wunde
auf meiner Stirn, die sich nicht schließt.
Sie schmerzt nicht immer. Und es fließt
das Herz sich nicht draus tot.
Nur manchmal plötzlich bin ich blind und spüre
Blut im Munde.

(Gottfried Benn)

Nicht genug, dass die Welt verrückt spielt und wenig erfreuliches für uns bereit hält, auch mein Leben spielt verrückt.

Der 2. Todestag meines Mannes am 22. Juni steht bevor und auch sein Geburtstag am 18. Juli ist nicht mehr weit. Das alleine macht die Zeit nicht einfach für mich. Die Gedanken schweifen zurück und machen mich unendlich traurig. Gerade gestern ging es mir nicht gut, weil Magen und Bauch rebellierten. Eigentlich wollte ich ein bißchen schreiben, blieb aber dann an Bernds Facebook-Seite hängen. Ich las alte Beiträge und habe ununterbrochen geheult. Es ist immer noch so schwer und die Trauer ist immer noch da, wenn auch nicht ständig.

Leider hatte ich letzte Woche vergessen, meine Freunde ans Daumendrücken zu erinnern und prompt gings schief. Ich bekam am 30. Mai die Ergebnisse meiner Krebsnachsorge-Untersuchung und des MRTs. Es wurde eine Umfangsvermehrung an dem noch verbliebenen Stimmband festgestellt und ich werde im Juli zum fünften Mal operiert. Eigentlich wollte ich ja, wie angekündigt, mit all unseren Lieben im Juli Bernds Leben feiern. Nun muß ich das Fest leider verschieben bis es mir besser geht. Diesmal habe ich die Diagnose nicht so gut weggesteckt wie sonst. Ich bin unruhig, habe Angst und fühle mich elend und krank. Das kenne ich eigentlich gar nicht an mir. Vielleicht ist alles ein bißchen viel im Augenblick.

Im Moment denke ich viel an meinen Mann und an die Zeit, als wir beide gesund und frisch verliebt waren. Ich vermisse ihn und wünsche mir diese unbeschwerten Stunden zurück; wenn es nur für einen einzigen Tag wäre.

8 Kommentare

  • Claudia Braunstein

    Ach Karin, das sind wirklich schwere Tage. Gerade deine Nachsorgeuntersuchung bewegt mich persönlich sehr. Ich wünsche dir alles Gute, lass dich bitte nicht unterkriegen, alles Leibe aus Salzburg, Claudia

  • Anke Hedfeld

    Liebe Karin,
    auch mir tut es unendlich leid zu hören, dass Du schon wieder eine OP hinter Dich bringen musst. Zusätzlich noch die Trauer um einen geliebten Menschen – da kann auch die stärkste Seele mal schwach werden. In vielen Fällen hilft es meiner Erfahrung nach, Wut, Trauer und Angst zutulassen, wenn man nicht darin verharrt. Und ich glaube von Dir zu wissen, dass Du irgendwann wieder mutig voranschreitest. Fühl Dich umarmt. Du schaffst das.

    LG Anke

  • Helga Schauff

    Liebe Karin, wenn ich nur wüsste wie ich dir helfen könnte, wenn ich nicht so sprachlos wäre, würde ich dich so gerne trösten. Dennoch fühle dich verstanden und herzlich umarmt.
    Ich wünsche dir viel Kraft, Glück und Zuversicht und wenn ich dir irgendwie helfen, unterstützen kann, dann melde dich bitte.
    Drücke dir ganz fest die Däumchen
    Du bist so tapfer und machst so vielen Menschen mit deinen offenen Texten Mut oder schenkst ihnen die Empathie, die sie so nötig brauchen.
    Herzlichst
    Helga

  • Sonja Schiff

    Ach Karin. Ich umarme dich virtuell ganz sanft. Es tut mir so leid, dass du erneut eine OP hinter dich bringen musst. Ich verstehe deine Traurigkeit sehr, den geliebten Partner zu verlieren, das ist wirklich unfassbar schwer. Und dann auch noch diese Krankheit alleine bekämpfen müssen…… ich schick dir viele positive Gedanken!!

Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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